Donnerstag, 22. März 2007

Macht kaputt, was euch kaputt macht

Mein musikalisches Ärgerniss des Jahres steht bereits im März fest! Jedesmal wenn ich diese wirklich üble Rio Reiser "Coverversion" des Media Markts höre, könnte ich kotzen.
Kaum eine Band hat sich kommerziellen Interessen so entzogen wie die Ton Steine Scherben. Sie sangen nicht nur gegen Konsumterror, sondern handelten auch so. Sie gründeten beispielsweise ihr eigenes Plattenlabel, um absolute künstlerische Freiheit genießen zu können und sich von kommerziellen Wünschen der Plattenindustrie abkapseln zu können. Die Folge waren trotz hoher Albumsverkaufszahlen und ausverkauften Konzerten ein riesiger Schuldenberg. Und ausgerechnet diese Band muss sich für eine solch "saubillige" "Geiz ist geil" Werbung hergeben. Für diese Schändung des ideellen Erbes von Rio Reiser werde ich den Media Markt boykottieren (Gruß an Tweek). Oder noch besser: Man sollte ganz im Sinne der Scherben eine Hausbesetzung von jeder Media Markt Filiale in Deutschland durchführen. Besetzen macht auch mehr Spaß als boykottieren. (Sieht George W. übrigens genauso)

Hier meine Top 5 der schönsten Anekdoten zu den Scherben:
  1. David Hasselhoff behauptet ja mit I've been looking for freedom für den Fall der Mauer gesorgt zu haben. Wesentlich einflussreicher war aber dann wohl doch Rio Reiser. Bei einem Konzert in Ost-Berlin im Jahre 1988 sang er auch"Der Traum ist aus". Darin stellt er die Frage " Gibt es ein Land auf der Erde, wo der Traum Wirklichkeit ist?" und gibt dem Ostpublikum die Antwort "Ich weiß nur eins, und da bin ich sicher: dieses Land ist es nicht!". Das Publikum applaudierte auffallend laut und "dieses Land ist es nicht!" wurde sofort lauthals im Chor gesungen.
  2. 1970 traten die Scherben auf dem Love and Peace Festival (passenderweise von Beate Uhse gesponsert) nach Jimi Hendrix auf, der dort sein letztes Konzert gab.
  3. Leider spielen sie nur drei Lieder, denn bei " Macht kaputt, was euch kaputt macht" entlädt sich bei den anderen Bands des Festivals die Wut gegen den Konzertveranstalter. Sie zünden kurzerhand Bühne und Veranstalterbüro an. Grund: Die Veranstalter waren zuvor mit den Einnahmen durchgebrannt. Durch diesen Riot waren die Scherben nun aber im ganzen Land bekannt.
  4. Von 1982 bis zur Auflösung der Band war die Grünenpolitikerin Claudia Roth Managerin der Band. Sie wohnte auch gemeinsam mit den Mitgliedern auf deren Bauernhof in Fresenhagen.
  5. Im Gegensatz zur medialen Präsenz des Media Markt Spots wurden die Scherben aufgrund ihrer "radikalen" Texte in den 70ern und 80ern von keiner deutschen Radiostation gespielt. Keines ihrer Konzerte wurde live oder in Ausschnitten übertragen. Mit einer Ausnahme: DDR 1 übertrug 1988 ein gewisses Rio Reiser Konzert in Berlin - keine gute Idee...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Media Markt hat ja schon ganz andere "Werbeverbrechen" begangen. Da weiß man im Prinzip ja gar nicht wo man anfangen soll, so nervig und haaresträubend sind da manche Ideen. Der hier beschriebene Frevel war aber in der Tat nochmal das i-Tüpfelchen des Ganzen. Hoffentlich fällt denen bald mal wieder etwas besseres für ihre Werbung ein, ich bezweifel es allerdings irgendwie, denn die Mehrheit der Leute scheint sich ja dazu veranlasst zu sehen, ständig in diesen Märkten einzukaufen.