Mittwoch, 28. März 2007

Naked Lunch

Aufgrund meines Berlinausflugs hab ich die wundervollen Naked Lunch in Würzburg leider verpasst. Aber meine noch wundervollere Gastgeberin hatte Freikarten für besagte Band im Berliner Lido parat. Yeah! So macht der Konzertbesuch natürlich doppelt Spaß!
Erstmal galt es allerdings eine kleine Spaßbremse zu lockern. Die Vorband Klez.e hat sich nämlich nicht nur nach einer PC-Fehlermeldung benannt, nein, sie klingt teilweise auch wie eine. Es gelingt ihnen nur in wenigen Momenten echte Stimmung zu vermitteln. Alles, was die Band auf der Bühne probiert, klingt äußerst bemüht. Immer wieder versuchen sie mit neuen Mitteln Abwechslung und Tiefe in ihre Songs zu bringen: mal schiebt eine Keyboardmelodie den Song an, dann versucht ein Gesangssolo Frauenherzen zu brechen und immer wieder will man sich mit fetten Gittarenwänden von braven Deutschpopbands abgrenzen. All diese Experimente scheitern jedoch letztendlich, da jeder der Musiker nur für sich spielt und der Sänger mit seiner eintönigen und nur sehr begrenzt wandlungsfähigen Stimme jede wall of sound zum Einsturz bringt.
Ganz anders Naked Lunch! Sie schaffen es mit scheinbar einfachen Mitteln absolute Atmosphäre zu erzeugen. Dies beginnt bereits bei der Bühnendeko. Fünf blinkende Glühbirne sind stimmungsvoller als so manch große Lasershow. Und auch an den Instrumenten gelingt den Klagenfurtern dieses Understatement. Durch ihr unheimlich präzises Spiel machen sie ordentlich Druck, den die Band jederzeit in Verzweiflung oder Melancholie umschlagen lassen kann. Das Geheimnis für dieses stimmige Zusammenspiel verrät Sänger Oliver Welte in einer Ansage, als er seinen Bandkollegen als Freunde bezeichnet und ihnen dafür dankt, dass sie mit ihm gemeinsam Musik machen. Ein verschworenes Kollektiv, das zusammen seiner Leidenschaft nachgeht. Naked Lunch spielt nicht effektgehascht fürs Publikum, sondern in erster Linie für sich selbst! Mit den Konzertbesuchern sind sie lediglich bereit ihre Songs zu teilen. Deshalb wirkt das Konzert auch so unheimlich authentisch. Jede Elektrospielerei passt ins Gesamtkonzept der Songs. Jeder Keyboardeinsatz besitzt Aussagekraft. So bleiben die Össis den ganzen Abend über unglaublich wandlungsfähig, ohne dabei jemals bemüht oder aufgesetzt zu wirken. Musik die gerade live die Fähigkeit hat zu berühren. Das Vermittelte kommt direkt beim Zuhörer an. Als ich mich umblicke, sind ausnahmslos alle Zuhörer um mich in ein Lächeln verfallen. Ein Konzert gefühlsechter als jedes Kondom!
Aber was soll man auch anderes erwarten von einer Band, die sich nicht nach einem Systemfehler, sondern einem herrlichen Buch von William S. Burroughs benennt!

Und hier die Top 5 meiner Lieblingsössis:
  1. Josef Hader (Kabarettist; Hauptdarsteller und Drehbuchautor von Silentium)
  2. Matthias Sindelar (bester deutschsprachiger Fußballer aller Zeiten)
  3. Ödön von Horvath (vom Baum erschlagener Literat)
  4. Andy Goldberger (koksender Skispringer)
  5. Sissi (schmachtende Kaiserin)
Konzertberichte vom Naked Lunch aus dem würzburger Cairo gibts bei anhaa und wuerzblog.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Und wann polstert es mal wieder?

Unknown hat gesagt…

Glühbirnen, man, wenn die erstmal verboten sind, wird das ganz heiße Ware auf dem Rock-Markt!

Micha hat gesagt…

Tja dirk, da siehst du mal wie toll diese össis sind. nicht mal so eine sympathiegranate wie toni polster (@alex: er macht übrigens neuerdings werbung für glühbirnen)schafft es in die top 5. naja mein opa hat es ja auch nicht gepackt.
ist eben doch das beste volk der welt.